FÜR EIN ZEUGNISVERWEIGERUNGSRECHT IN DER SOZIALEN ARBEIT

Das Thema Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit beschäftigt seit vielen Monaten die Fanprojekte in ganz Deutschland. Das Bündnis Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit und die BAG der Fanprojekte machen sich dafür stark, eine Etablierung des Zeugnisverweigerungsrechtes voranzutreiben. Auch wir als Fanprojekt Leverkusen sind von einem fehlenden Zeugnisverweigerungsrecht betroffen, was unsere Arbeit in Zukunft erschweren könnte. Uns ist es ein Anliegen, für das Thema zu sensibilisieren und aufzuklären.

Hierbei möchten wir zwei Quellen heranziehen, welche sich mit dem Thema auseinandersetzen.

Das Bündnis für Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit hat in einem Aufruf für eine Kundgebung in einem Schreiben vom 5. März die Wichtigkeit der aktuellen Lage verdeutlicht:

„(…) Soziale Arbeit basiert auf dem Vertrauen zwischen Klient*innen und Fachkräften. Dieses Vertrauen kann nur dann gedeihen, wenn alle sich sicher sein können, dass Informationen vertraulich behandelt werden. Jedoch werden immer wieder Sozialarbeitende bei Polizei, Staatsanwaltschaft und vor Gericht vorgeladen, um Auskunft zu geben und über ihre Klient*innen auszusagen.

Hiermit wird die auf Vertrauen beruhende Beziehung zu ihnen nachhaltig zerstört und künftige Arbeitsbeziehungen werden womöglich bereits vor Beginn verunmöglicht, mindestens erschwert! Die für die meisten Arbeitsfelder fehlenden gesetzlichen Regelungen zum strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit gefährden diese Vertraulichkeit und damit die Grundlage unserer Arbeit. Seit Jahren fordern wir als breites Bündnis innerhalb der Profession ein Zeugnisverweigerungsrecht für die Soziale Arbeit. Daher: Es ist an der Zeit, dass unsere Stimmen gehört werden und der unhaltbare Zustand, unter dem Beschäftigte leiden nur, weil sie ihre Arbeit machen, endlich verändert wird! (…)

Warum brauchen wir ein Zeugnisverweigerungsrecht?

Als Sozialarbeitende sind wir verpflichtet vertraulich mit unseren Klient*innen zu arbeiten. Dieses Vertrauen ist die Grundlage für eine gelingende Beziehung, die Beratung und Unterstützung in herausfordernden Lebenslagen möglich macht! Ohne Zeugnisverweigerungsrecht ist dieses Vertrauen gefährdet! Klient*innen zögern, uns sensitive Informationen anzuvertrauen, wenn sie befürchten müssen, dass diese Informationen später von Polizei, Staatsanwaltschaft und vor Gericht verwendet werden könnten. Dadurch leidet die Qualität unserer Arbeit und vor allem die notwendige Unterstützung von Betroffenen! Ein Zeugnisverweigerungsrecht ist daher juristisch und politisch notwendig. Es ist juristisch notwendig, weil es die Berufsfreiheit der Sozialarbeiter*innen schützt und es das Recht der Klient*innen auf vertrauliche Beratung und Unterstützung stärkt.

Es ist politisch notwendig, weil es ein Zeichen für die Wertschätzung der Sozialen Arbeit setzt und die gesellschaftliche Bedeutung der Sozialen Arbeit in Zeiten großer gesellschaftlicher Veränderungen unterstreicht. Deshalb fordern wir vom Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit: Ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht für Mitarbeiter*innen der Sozialen Arbeit durch eine Reform des § 53 StPO und die Aufnahme in die geschützten Berufsgruppen des § 53 Abs. 1 StPO! (…)“

Weitere Informationen und Kontakte zum Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit findet ihr unter http://www.zeugnis-verweigern.de

Banner in der Nordkurve der leverkusener Fanszene am 30. März beim Heimspiel in der BayArena

Die BAG der Fanprojekte hat sich zusätzlich in einer Pressemeldung zu den Vorfällen rund um das Fanprojekt Karlsruhe geäußert und ihre Solidarität bekundet. Über den Link kommt ihr zusätzlich auf die Internetseite der BAG der Fanprojekte und erhaltet noch weitere Infos. Gerne könnt ihr uns als Fanprojekt auch jederzeit ansprechen.

PM: Strafbefehl gegen Mitarbeitende des Fanprojekts Karlsruhe – BAG: „Ein Frontalangriff auf die Soziale Arbeit!“

Der Rechtsstreit um die Folgen einer Pyro-Aktion in Karlsruhe für das dortige Fanprojekt ist um ein trauriges Kapitel reicher: Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat gegen die Mitarbeitenden einen Strafbefehl über 120 Tagessätzen à 60€ wegen Strafvereitelung veranlasst. „Dieser Strafbefehl macht uns fassungslos. Er ist ein frontaler Angriff auf das Berufsfeld der Sozialen Arbeit“, zeigt sich die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG) in einer ersten Stellungnahme entsprechend schockiert.

Der Karlsruher Rechtsstreit hatte zum Ende des vergangenen Jahres bundesweit Schlagzeilen gemacht: Nachdem die hauptamtlich Mitarbeitenden des sozialpädagogischen Fanprojektes nach einer Pyro-Aktion im Karlsruher Stadion eine professionelle Aufarbeitung mit den Fans initiiert hatten, versuchte die dortige Staatsanwaltschaft, hieraus Informationen für das laufende Verfahren zu gewinnen und lud das Karlsruher Fanprojekt als Zeug*innen vor. Die Mitarbeitenden verweigerten jedoch, mit Verweis auf die zugesagte Vertraulichkeit der Gespräche, die Aussage. Zuletzt stand deshalb sogar eine Beugehaft für die Fanprojekt-Mitarbeitenden im Raum, um die Aussagen zu erzwingen. Diese Beugehaft konnte jedoch in letzter Sekunde abgewendet werden.

„Der Versuch der Staatsanwaltschaft Karlsruhe, die professionelle Arbeit des Fanprojekts Karlsruhe, die sich einem sensiblen Thema vor Ort mit einem sozialpädagogischen und moderierenden Ansatz genähert hat, nun als eine Strafvereitelung darzustellen, ist hochgradig perfide und juristisch nicht begründbar“, so die BAG Fanprojekte weiter. „Die Grundpfeiler der Sozialen Arbeit, nicht nur bei Fußball-Fanprojekten, sind Vertraulichkeit, Parteilichkeit und Freiwilligkeit gegenüber der Zielgruppe – also jenen Menschen, mit denen wir pädagogisch und präventiv gemäß unseres Auftrags arbeiten. Nur wenn dieses Vertrauensverhältnis aufrechterhalten wird, können Fanprojekte nachhaltig Arbeit gegen Gewalt, Rassismus und Diskriminierung leisten. Dies findet seit Jahrzehnten bundesweit Anerkennung.“

Das Agieren der Staatsanwaltschaft Karlsruhe unterstreiche einmal mehr, wie dringend ein Zeugnisverweigerungsrecht (ZVR) für die Soziale Arbeit gebraucht werde: „Das Berufsbild hat sich weiterentwickelt und die jetzige Ampel-Koalition muss nach dem ‚Fall Karlsruhe‘ der Sozialen Arbeit die gesetzliche Möglichkeit verschaffen, die Aussage in sensiblen Fragen verweigern zu dürfen. Es darf nicht der Willkür einzelner Staatsanwälte überlassen sein, ob sie die Arbeit von Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen als professionellen Ansatz würdigen, oder ob sie hieraus im schlimmsten Fall sogar Straftaten konstruieren“, fordert die BAG Fanprojekte.

Zuletzt dürfe auch das persönliche Schicksal der Kolleginnen und Kollegen aus Karlsruhe nicht vergessen werden: „Hier geht es um Menschen, die seit Monaten auch im Privaten einem enormen Druck der Justiz ausgesetzt und mit einer Vorstrafe bedroht sind – und das nur, weil sie ihren Beruf nach fachlichen Standards ausgeübt haben. Es ist unfassbar, dass Menschen im Jahr 2024 für ihre anerkannte und nachhaltig wirksame Arbeit strafrechtlich belangt werden können.“

Die BAG Fanprojekte steht daher geschlossen hinter den Kolleginnen und Kollegen in Karlsruhe. Ein solcher Fall darf sich nicht wiederholen.

Kontakt: info@bag-fanprojekte.de